Kirschbluten, Fachwerkhäuser und frisches Quellwasser – Diese Nebenbahn in Franken ist ein Highlight
Mit der Gräfenbergbahn durch Franken
Von der Frankenmetropole Nürnberg führt die 28 Kilometer lange Gräfenbergbahn hinauf bis an den Beginn der Fränkischen Schweiz. Eine bildschöne Bahnstrecke mit interessanter Geschichte und sehenswerten Zwischenstationen.
Unscheinbar kommt der Bahnhof Nürnberg-Nordost daher. Gelegen zwischen einem Neubauwohngebiet und alten Industrieanlagen, sieht er wie ein typisch moderner Bahnhof aus, funktional und kein Schnick-Schnack. Tatsächlich beginnt hier aber ein der wenigen Inselbahnen Deutschlands – also eine Bahnstrecke, die weitestgehend getrennt vom sonstigen Bahnnetz betrieben wird. Zum Startpunkt dieser Strecke kommt man vom Nürnberg Hauptbahnhof bequem mit der U-Bahnlinie U2. Sie fährt in 7 Minuten bis zur U-Bahnstation Nordostbahnhof und von dort sind es nur noch rund 200 Meter Fußweg.
Hier startet die rund 28 km lange Nebenbahnstrecke, genannt „Gräfenbergbahn“, die landschaftlich, historisch und kulturell interessante Stationen bietet. Sie führt vom Nürnberg Norden in einem kurvenreichen Verlauf, über einen markanten Höhenzug hinweg und entlang eines idyllischen Bachverlaufs, hoch zum Endbahnhof Gräfenberg, am Tor zur Fränkischen Schweiz.
Basis der Forstwirtschaft
Unmittelbar nach dem Start in Nürnberg-Nordost biegt der Zug scharf nach links ab. Der moderne Triebwagen schwankt hin und her und verlässt die Ringbahn, die früher einmal komplett die Stadt Nürnberg umschloss. Heute sind davon nur noch Teilstücke übrig. Nach wenigen Minuten Fahrzeit verlässt der Zug die Nürnberger Vorstadt und durchquert den Nürnberger Reichswald Richtung Heroldsberg. Dieser Wald gilt als erster und ältester Kunstforst der Welt. Im Jahr 1386 veranlasste der Nürnberger Ratsherr Peter Stromer das großflächige Pflanzen von Bäumen in dem stark überwirtschafteten Gebiet nördlich der damaligen Reichsstadt. Über Jahrhunderte hinweg wurden diese Aufforstung und gezielte Bewirtschaftung – hauptsächlich mit Kiefern, was in Zeiten des Klimawandels eine Herausforderung darstellt – fortgeführt und legte den Grundstein für die moderne Waldwirtschaft. Heute ist der Wald ein Europäisches Vogelschutzgebiet und ist einer der größten zusammenhängende Waldgebiete Bayerns. Wer mehr Zeit mitbringt, kann von Heroldsberg aus, schöne Wanderungen unternehmen, wie beispielsweise die Waldwanderung „4-Schlösser-Gemeinde“.
Schlösser in 4 Farben
Ankunft in Heroldsberg. Die Marktgemeinde mit rund 8.000 Einwohner ist nicht nur ein beliebter Wohnort vor den Toren von Nürnberg, sondern bietet auch spannende Sehenswürdigkeiten. Ganze vier Schlösser sind im Ortskern zu bestaunen. Alle erbaut ab dem späten 15. Jahrhundert von der ehemaligen Patriziarfamilie Geuder und benannt nach den ehemaligen Farben ihrer Fensterläden. Auch der Künstler Albrecht Dürer war verzaubert von ihnen und fertigte 1510 eine bekannte Federzeichnung an.
Eines der Schlösser, das Weiße Schloss kann auch besichtigt werden. Es bietet ein sehenswertes kleines Museum zur Geschichte des Ortes Heroldsberg, der Historie der Schlösser sowie wechselnde Ausstellungen von lokalen Künstlern. Unterhalb des Schlosses befindet sich das „Schloßbad“. Es gilt als zweitschönstes Freibad Deutschlands und bietet nicht nur einen fantastischen Blick auf zwei der vier Schlösser, sondern auch die markante St. Matthäus Kirche. Auf dem Rückweg zum Bahnhof macht man am besten Halt beim Eiscafé Venezia, direkt im Ortszentrum. Hier gibt es leckeres Spaghetti Eis.
Ein Meer aus Blüten
Weiter geht die Fahrt – und zwar stetig nach oben. Vorbei an weiten grünen Wiesen, schraubt sich die Bahn über Kurven hinauf nach Kalchreuth. Auf 410 Meter Höhe gelegen, ist der Ort bekannt für seine vielen Kirschgärten. Wenn im April die Blüte der Kirschbäume ihren Höhepunkt erreicht, ist die Umgebung des Ortes ein weiß-pinkes Blütenmeer und die Bahn fährt mitten hindurch. Wer etwas mehr Zeit mitbringt, kann auch hier aussteigen und den etwas 3 Kilometer langen „Naturerlebnispfad Kirschgärten“ wandern. Besonders im Frühjahr und Sommer ein Erlebnis. Zurück im Zug, lohnt es sich in Fahrtrichtung Gräfenberg auf der linken Seite zu sitzen, denn kurz hinter dem Bahnhof Kalchreuth öffnet sich ein weiter Blick hinab in das Schwabachtal. Bis hinab nach Erlangen und auf die ersten Ausläufer der Fränkischen Schweiz kann man von hier blicken.
Eschenau ist der nächste größere Bahnhof. Hier begegnen sich regelmäßig Züge auf der eingleisigen Strecke. An dieser Station kann man einiges über die interessante Geschichte der Bahnstrecke erfahren. Der alte Lokschuppen, mit den markanten Holztoren, ein altes Flügelsignal und ein Güterwagen, erinnern an die Zeit, als sich hier noch zwei Strecken trafen. Zum einen, die Strecke aus Nürnberg, aber auch die Strecke aus Richtung Erlangen. Diese ehemalige Nebenbahnstrecke, genannt „Seku / Seekuh“ erlangte deutschlandweite Bekanntheit, weil sie in ihrem Verlauf, mal auf der Straße mal daneben, sich mit rund 15 km/h durch die kleinen fränkischen Ortschaften schlängelte und man den Menschen förmlich durchs Küchenfester in den Kochtopf schauen konnte. (Dieser Dokumentarfilm über die Strecke ist sehenswert). Im Jahr 1963 fuhr unter großer Anteilnahme der Bevölkerung der letzte Zug und dampfte durch die Straßen. Heute wird überlegt, die Strecke wieder zu reaktivieren und eine moderne Stadt-Umlandbahn daraus zu machen.
Bier im Kloster
Ab Eschenau beginnen die letzten 10 Kilometer der Strecke. Es ist spürbar, dass die Besiedelung dünner und die Landschaft hügeliger wird. Ab der Station Forth beginnt dann die echte Nebenbahnidylle. Der Zug fährt langsam entlang des sich windenden Aubachs, pfeift regelmäßig und überquert unbeschrankte Bahnübergänge. Es geht gemütlich voran. Rechts und links von der Bahnstrecke wird noch Landwirtschaft betrieben, mal sind es Hopfenfelder, mal Mais oder Weizen. Am Haltepunkt Weißenohe lohnt es sich den Zug zu verlassen und auf Entdeckungstour zu gehen. Sofort fällt der große Kirchturm ins Auge. Er legt Zeugnis ab, dass sich hier bis zum Jahr 1803 ein wichtiges Benediktinerkloster befand. In Teilen der ehemaligen Klosteranlage befindet sich heute eine beliebte Brauerei und ein Gasthof. Ideal, um eine Pause einzulegen, ein frisch gezapftes Bier zu trinken, etwas zu essen und anschließend die ehemalige Klosterkirche zu besichtigen.
Wandern zur Quelle
Frisch gestärkt, geht es dann Richtung Ortsausgang immer der Beschilderung „Lillachquelle“ hinterher. Die Besucher erwartet hier ein echtes Naturhighlight. Die rund zweistündige Wanderung vom Bahnhof bis zur Quelle und zurück führt stetig entlang des Bachs und bietet im oberen Bachverlauf aus Kalk geformte Sinterterassen, über die das Wasser hinab ins Tal fließt. Gerade im Winter mit Eis und Schnee oder im Sommer mit sattgrünen Moos und Pflanzen ist der Bachverlauf wunderbar anzuschauen und ist nicht umsonst ein Bayerisches Naturdenkmal. Ziel der Wanderung ist die Quelle der Lillach, die direkt aus dem Felsen entspringt. Auf dem Hin- oder Rückweg sollte man auf jedenfall einen kurzen Stopp beim Bauernhof der Familie Hänfling einlegen. Dieser liegt mit seinem offenen Kuhlstahl direkt am Wanderweg und über einen Automaten kann man selbstgemachten Käse, Joghurt oder auch Marmelade kaufen.
Zurück am Bahnhof geht es mit dem Zug eine Station rund 2 Kilometer weiter bis zum Bahnhof der Stadt Gräfenberg. Hier endet die Strecke. Vom Bahnhof geht es einen steilen Weg hinauf ins Zentrum der kleinen Stadt mit seinem sehenswerten fränkischen Marktplatz und zwei Stadttoren. Viele Einzelhändler und Gasthöfe in Familienhand gibt es hier noch, beispielsweise die Traditionskonditorei Wirth, das Gasthaus zum Goldenen Stiefel oder auch der Gasthof zur Taube. Die Strecke nach Gräfenberg kann man auch bequem zu Fuß gehen und beliebig verlängern. Als Teil des beliebten „Fünf-Seidla-Steig“, kann man traditionelle Brauerein besuchen und immer wieder auf dem Weg einkehren.
sehr einladend beschrieben, dankeschön!